Für den Morgen hatte ich eine Fahrt mit einem Airboot durch die Bayous südlich von New Orleans gebucht. Also hieß es vom Motel zum Hafen. Etwa 800m. Es war herrlich, nach dem Aufstehen die Zimmertüre zu öffnen und vor Palmen zu stehen. Heute war es wieder so warm, dass ich ich die kurzen Hosen ausgepackt habe. Hier ist es so warm und schwül, ich hätte heute ca 5x das T-Shirt wechseln können.
Die Flora und Faune in den Sümpfen südlich von New Orleans ist sicherlich nicht so spektakulär wie in den Everglades in Florida, es war aber trotzdem sehr beeindruckend. Außer dem Steuermann waren wir nur zu dritt, ein Pärchen aus Chicago war mit mir im Boot.
Der Name Bayou entstammt einem alten indianischen Begriff für langsam fließendes Wasser. Wenn man da rum fährt, hat man wirklich das Gefühl, man befindet sich auf einem See. Kaum hatten wir den Hafen verlassen, kam der erste, ein kleinerer Alligator auf uns zu geschwommen, kaum einen Meter war er lang. Angeblich kann man von dem Abstand der Nasenspitze zu den Augen direkt hochrechnen auf die Länge des Tieres. Während in den Everglades die größeren Krokodile gemeinsam mit den kleineren Alligatoren leben und es hier nur Alligatoren gibt, sieht man allgemein keine größeren Tiere, aber nach ein einer Weile bekam unser Steuermann eine Nachricht, dass Tom gesehen wurde. Tom ist ein etwa 2,5 Meter langer Alligator, den wir bald darauf dann auch zu Gesicht bekamen.
Alligatoren sind wohl sehr menschenscheu und schwimmen eher vor ihnen weg, als sie anzugreifen. Es ist aber verboten sie zu füttern, damit sie ihre Angst vor Menschen und Booten bewahren.
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Das Airboot |
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Man sieht den Alligator auf uns zu schwimmen. |
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Neben dem Boot. |
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Tom der Alligator. |
Aber auch sonst ist die Natur dort herrlich und man sieht die unterschiedlichsten Tiere. Auch sehr viele Fische, die hier immer wieder, auf der Jagd nach Insekten an der Oberfläche aus dem Wasser springen.
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Ein letzter Blick zurück. |
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Wieder in Hafen, wo man viele Shrimpfischerboote sieht. |
Beeindruckend sind die oft großen und toll gewachsenen Zypressen, denen man immer wieder begegnet. Zu denen zwei kleine Infos.
Die kleinen Spitzen, die man immer wieder um diese Zypressen herum sieht und von denen ich mich schon am Natchez Trace im Swamp Creek gefragt habe was das ist, sind "Knie" der Wurzeln. Diese wachsen erst noch mal nach oben und dabei oft bis aus dem Wasser, bevor sie dann tief in die Erde wachsen.
Das, was man immer wieder in grauen Streifen von den Ästen herunter hängen sieht, ist das Spanish Moss, das Spanische Moos oder, bei uns auch, Louisianamoos genannt. Nach einer indianischen Sage das Haar einer Prinzessin.
Dieses Moos wurde, verarbeitet oder auch unverarbeitet, unter anderem als Füllmaterial für Polster und Matratzen verwendet. Das muss nicht immer angenehm gewesen sein, denn in diesem Moos leben wohl sehr gerne Wanzen, die man sich so auch ins Bett gebracht hat.
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Eine Zypresse mit Spanish Moss und rechts daneben den Wurzeln. |
Interessant war auch die Fahrt durch die riesigen Felder der Wasserpflanzen in den Sümpfen. Leider habe ich den Namen dieser Pflanze wieder verdrängt, die dort direkt an der Wasseroberfläche wächst, aber die Geschichte dazu ist vielleicht nicht uninteressant.
Diese Pflanzen sind, an Schiffen haftend, aus Südamerika hierher gekommen und verbreitet sich wie Unkraut. Da sie eine schöne Blüte hat, haben auch einige solche Pflanzen schon zu Hause in ihren Teich gesetzt, um festzustellen, dass nach einem Jahr in dem Teich nichts anderes mehr wächst.
Das ist auch das Problem in den Sümpfen, die Pflanze nimmt dem Lebensraum im Wasser das Licht und so sterben nicht nur viele Fische.
Um das Problem zu lösen, hat man geschaut, warum die Pflanze sich in Südamerika sich nicht so verbreitet und festgestellt, dort ist sie die Hauptnahrung von Nutrias, den Biberratten. Also hat man sich gedacht, führt man die Biberratte hier auch ein. Gesagt, getan. Nur hat sich nun eine Nutriaplage breit gemacht und die Tiere fressen hier alles lieber als die Pflanze, die sie fressen soll.
Nun gibt es hier derart viele Ratten, dass man für jeden Schwanz einer solchen Ratte Geld bekommt. Einige verdienen sich nun ein Zusatzeinkommen und ein paar leben von nichts anderem, als diese Ratten zu jagen, ihre Schwänze gegen die Belohnung einzulösen und zusätzlich das Fell zu verkaufen.
Apropos leben, in den Sümpfen gibt es, auf Inseln, Wohnungen ohne fließendes Wasser und bis vor nicht langer Zeit auch ohne Strom, die man nur mit Booten erreichen kann. Da diese Häuser aber außerhalb der Schutzdeiche der Stadt sind, sind mit jedem Sturm mehr und mehr dieser Häuser nach Wiederaufbau nur noch Jagdhütten geworden, aber es gibt wohl immer noch Menschen, die wirklich in dieser Landschaft wohnen und sich auch von dem größtenteils ernähren, was sie jagen oder fangen.
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Die Felder der Wasserpflanze. |
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Die schönen Blüten. |
Damit soll es aber erst mal wieder genug über die Natur gewesen sein. Nach dem Bootstrip ging es dann mit dem Auto nach...
Hier hatte ich ein nicht zu teures Hotel am Rande des French Quarter gefunden, einen Steinwurf entfernt von der Canal Street. Der Preis wird aber dadurch relativiert, dass mein Auto fast zum gleichen Preis wie ich hier übernachtet. Aber egal. So konnte ich meinen Auto vor dem Hotel stehen lassen, meinen Schlüssel an der Rezeption abgeben und wenn ich übermorgen wieder aufbreche, steht es hoffentlich wieder vor der Türe.
Dann habe ich erst mal einen kleinen Rundgang durch das French Quarter gemacht, um mir die Stadt anzuschauen, auf die ich so gespannt war. Ich sage gar nicht viel, was sagt ihr?
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Canal Street. |
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Bourbon Street. |
Die Bourbon Street hat namentlich eigentlich nichts mit dem Getränk zu tun, der Name leitet sich von den Bourbonen ab, die acht französische Könige gestellt haben und auch Könige anderer Nationen.
Die Gegend war lange französische Kolonie, dann spanische, dann wieder französische, ohne das es selbst die Bewohner wussten, bevor sie amerikanisch wurde.
Napoleon hatte sie den Spaniern wohl wieder abgekauft, wollte aber, da er aber im Krieg mit England war, nicht, dass das bekannt wurde. Er hatte Angst, dass die Engländer hier eine weiter Front aufmachen.
Das French Quarter war übrigens auch wirklich das französische Viertel, als New Orleans amerikanisch wurde. Das haben die Bewohner einfach nicht akzeptiert, Amerikaner durften nicht in das Viertel, die Franzosen verließen es nicht. Daher sind die Straßen an den Grenzen des Viertels, wie z.B. die Canal-Street so breit. Sie hatten Wiesenflächen, die als neutrale Zonen galten. In diesen Zonen wurde der Handel zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen betrieben.
Bevor ich für ein kleines Päuschen ins Hotel zurück bin, bin ich am Friedhof Nummer 1 vorbei gegangen. Die Friedhöfe der Stadt sind oberirdische Städte der Toten. Aus Angst vor Seuchen möchte man die Toten hier nicht unter der Erde begraben, wegen des hohen Grundwassers.
Was ich hier erst erfahren habe, diese Friedhöfe sind so dicht bebaut und verwinkelt, dass es wohl alleine sehr gefährlich ist, diese zu betreten. Man hat sie komplett abgesperrt und darf sie nur noch zu Gruppen mit Führung betreten. Allerdings ist das dann auch direkt eine große Geldmacherei, eine solche Führung wurde für 20 Dollar angeboten. Ich bin zwar neugierig, weiß aber noch nicht, ob mir das diesen Preis wert ist.
Einen kleinen Blick habe ich dann aber doch über die Mauer geworfen.
Ist Euch die Pyramidenspitze im Vordergrund aufgefallen? Ich weiß nicht, ob das die richtige Pyramide ist, sicher gibt es davon mehrere, aber eine solche, drei Meter hohe Pyramide auf diesem Friedhof ist das Grab von Nicolas Cage.
Ja ich weiß, er lebt noch, aber er hat sich sein Grab dort schon mal gekauft.
Am frühen Abend bin ich dann erst mal am Mississippi River spazieren gegangen. Eigentlich wollte ich ja noch bis ins Mündungsdelta, aber ich habe die Entfernungen hier unterschätzt, das sind noch mal 200 km Richtung Süden mehr. Ich denke, diesen Umweg werde ich mir nicht mehr antun, auch wenn die Planung für die nächste Woche noch nicht ganz steht.
So habe ich mich heute schon mal von dem Old Man River verabschiedet, dessen Verlauf ich über 1000 km und damit mehr als ein Viertel seiner gesamten Strecke begleitet habe. Den Beinamen Old Man River verdankt er übrigens dem Musical Show Boat aus dem Jahre 1927.
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Die Flusskehre in New Orleans. Dieser verdankt New Orleans auch den Beinamen Crescent City. |
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Die Promenade, hinten rechts, der Flussdampfer Natchez. |
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Eine alte, aber hübsche, Landungsbrücke. Rechts ein Outletcenter. |
Von hier bin ich dann durch das Outletcenter Richtung Stadt. Und was muss ich in diesem für einen Laden finden? Lindt-Schokolade. Da arbeite ich zu hause in Reichweite der Schokoladenfabrik und kann selbst hier noch Lindt-Schokolade als Outletware kaufen. Als Andenken an die USA.
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Der Lindt-Shop. |
Zum Abschluss des Tages habe ich mir dann wieder die Bourbon Street, diesmal bei Nacht angesehen. Unbeschreiblich. Was man nicht tun sollte, tief einatmen. Es riecht an einigen Stellen nach einer Mischung aus Kloake, Gras (dem zum Rauchen) und Pipi. Man kann sich die Straße, mit ihren Nebenstraßen, vorstellen, wie die Reeperbahn bzw die Große Freiheit in Hamburg, aber auch irgendwie nicht. Zwar ist es eine Aneinanderreihung von Bars und Striplokalen und junge Frauen laufen hier mehr nackt als angezogen durch die Straße, mit einem Schild, "Pics for Tips", aber im Gegensatz zu Hamburg liegen in dieser Straße hier auch Luxushotels und -restaurants.
Ich verstehe jetzt auch besser, warum sich diese Stadt "The big easy" nennt. Regeln scheinen hier nur bedingt zu gelten. In den USA gibt es eigentlich strikte Gesetze gegen das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit. In vielen Städten habe ich vorher auch in Bars Schilder gesehen, dass man das Lokal nicht mit alkoholischen Getränken verlassen darf.
Hier ist das anders herum. Hier stehen Schilder an dem ein oder anderen Laden, dass man keinen Alkohol mit hinein nehmen darf. Zwar muss man den Alkohol aus Bechern trinken, die dafür ausgegeben werden, nicht direkt aus der Flasche, aber der Cocktail to go ist hier absolut üblich. Und das nicht erst am Abend, das war schon kurz nach Mittag so und abends habe ich schon vor 20:00 die ersten sehr Angetrunkenen gesehen. An einem Montag.
Viele Fotos habe ich nicht mehr gemacht. Ich habe eine Bar gesucht, in der ich etwas essen konnte, das nicht aus dem Meer kam und dabei Football schauen konnte. Gar nicht so einfach, hier ist alles eine Oysterbar oder ein Shrimprestaurant. Natürlich gibt es dabei auch die Anspielung auf Forrest Gump und die Bubba Gump Shrimps. In einem Restaurant davon lief sogar der Film in Dauerschleife.
Als ich endlich dachte, ich bin fündig geworden, bot man mir, nach langer Diskussion, einen Tisch für nur eine Person zu vergeben, einen Tisch an, der ja direkt vor dem Fernseher war. Nur lief auf diesem Baseball und nicht Football. Darauf angesprochen meinte man, ich sei doch scheinbar nicht aus den USA, da sei das doch egal.
Ich habe dann doch noch einen Platz gefunden und das Spiel gucken können. Woanders.
Fotos habe ich nicht mehr viele gemacht, aber hier ein kleiner Eindruck von New Orleans bei Nacht.
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Die Gestalt unten auf der Ecke ist übrigens Chewbacca. |
Mittlerweile stellen sich die ersten Auflösungserscheinungen meiner Reise ein, das erste Paar Socken war durchgelaufen, aber ich hoffe, meine Ausdauer reicht, um die Stadt morgen bei Tag und Nacht richtig zu genießen und das Motto der Stadt zu leben.
Laissez les bon temps roulez - Let the good times roll.