Sonntag, 23. Oktober 2016

Tag 20 Atlanta

Natürlich habe ich, weil ich gestern so lange an dem Bericht saß und ihn im Prinzip 3x geschrieben habe einiges ausgelassen, aber ich versuche das heute einfach mal mit einzuschmuggeln.
Ich fange mal damit an zu sagen, warum ich jedes Museum für Bürgerrechte besucht habe, welches mir begegnet ist, auch wenn sie sich wiederholt haben. Ich finde Martin Luther King Jr, neben Nelson Mandela, gehört zu den beeindruckendsten Persönlichkeiten, die gelebt haben und, nun ja, Geschichte kann ich eh nur schwer widerstehen.

Dann noch etwas, dass ich über Atlanta noch nicht wusste, dass diese Stadt die Stadt des Pfirsich ist. Die Indianer haben diesen Ort, bevor hier eine Siedlung entstand, so etwas wie, übersetzt, stehender Pfirsichbaum genannt. Das führt dazu, dass man viele Straßen, Plätze und Orte mit dem Zusatz „Peachtree“ findet. Sich bei der Orientierung auf Peachtree zu verlassen, kann dazu führen, dass man sich schwer verläuft.. 
Apropos verlaufen, ich habe nicht herausgefunden, wer diese Gänge nutzen darf, aber die älteren Gebäude der Stadt sind alle überirdisch miteinander verbunden. Das habe ich gestern gar nicht gesehen.

Der längste dieser Gänge.

Der Gang von innen.

Ganz viele dieser Gänge, der in der Mitte hat sogar drei Ebenen.
Heute morgen habe ich in den Nachrichten gehört, dass Donald Trump gegen den Sender CNN vorgehen wird, sollte er Präsident werden. Das ist übrigens viel wahrscheinlicher, als es in Deutschland gesehen wird. CNN ist der weltweit größte reine Nachrichtensender und er wurde hier in Atlanta, durch Ted Turner, gegründet.
Den Hauptsitz kann man besuchen und in einer etwa einstündigen Führung besichtigen. Leider kann ich nur Fotos von dem öffentlichen Bereich im Innern des Gebäudes zeigen. Während der Führung war es sehr strikt verboten, ein Handy oder eine Kamera auch nur anzugucken. Und zahlreiche Polizisten im Gebäude kontrollierten das.

Das Logo vor dem Gebäude.

Mit der Rolltreppe ging es in den Globus. Dort startete die Führung.

Was wie Appartements aussieht, ist ein Hotel.

Ein Übertragungswagen für das unwegsamere Gelände.
Die Führung war interessant, wenn man so etwas mal sehen will, aber wirklich spannend oder aufregend ging es nicht zu. Hätte ich nicht teilgenommen, ich hätte nicht wirklich etwas verpasst. Man bekommt Videos gezeigt, in denen der Sender sich selber lohnt, bekommt einen Teleprompter und einen Greenscreen vorgeführt, sieht zweimal bei den Nachrichten aus dem Studio live zu und sieht in den großen Raum, wo die Nachrichten zusammen laufen. Wirklich beeindrucken ist nur die Größe.
Das Interessanteste an dem Besuch war noch, dass dort eine französisch sprechende Besuchergruppe war, von denen ich jemanden ansprach, ob sie aus Kanada oder Frankreich wären. Das habe ich tatsächlich mit meinen kaum vorhanden Französischkenntnissen geschafft. Auch noch zu sagen, dass ich aus Deutschland sei. Zu meiner Überraschung wurde mir dann von der Leiterin der Gruppe auf Deutsch geantwortet. Sie heiße Stefanie und sei aus Berlin bekam ich mit französischem Akzent erklärt. Als ich ihr sagte, ich sei aus Aachen, wurde der Akzent plötzlich ein rheinländischer, sie kam ursprünglich mal aus Köln.

Nachdem ich CNN verlassen hatte, war eine kurze Pause und dann Mittagessen in einer Sportbar angesagt, Heute konnte man vier Footballspiele am Stück ansehen und so habe ich mich auf den Nachmittag schon mal eingestimmt.
Als ich heute Morgen Richtung CNN ging, waren die Straßen noch recht leer. Nur wenige Leute waren unterwegs. In den USA sagt man sich auch in Städten mit der Größe von Atlanta Hallo auf der Straße, wenn man sich einzeln oder in sehr kleinen Gruppen begegnet. Überhaupt ist der Umgang untereinander viel respektvoller, als ich es von Deutschland gewohnt bin. Kaum etwas habe ich häufiger gehört als "Sorry" oder "Excuse me."
Als ich aber am Mittag durch die Straßen lief, füllte sich die Stadt und fast alle waren in den Farben der San Diego Chargers oder Atlanta Falcons gekleidet. Die ganze Stadt stand nur noch im Zeichen des Footballspiels am Nachmittag.

So habe ich mir gedacht, geh mal sehr zeitig zum Spiel und war fast 3 Stunden vor dem Spiel am Stadion. Und was ich da erlebt habe, war Wahnsinn.
Fußballfans in Europa verstehen sicher etwas von Choreographie und Fangesängen, aber was hier los war…
Es begann schon damit, dass man auf den Parkplätzen sehr viele Menschen gefunden hat, die aus ihrem Kofferraum oder ihrer Ladefläche ein riesiges Picknick veranstalteten oder gar ihren Grill und alles was man zu einem Barbecue braucht, aufgebaut hatten. Manchmal lädt man auch Fremde ein zu sich und teilt was man hat. Das ist in den USA etwas gewöhnliches und nennt sich Tailgating.
Vor manchen Spielen kann es passieren, dass man auf dem Parkplatz campt und das Ganze schon am Vorabend beginnt. Und auf Parkplätzen findet man ab und zu Schilder, das Tailgating hier verboten sei.

Hier war Tailgating verboten.

Hier fand es statt, ich hatte gedacht, ich hätte noch ein Bild auf einem größeren Parkplatz gemacht, aber ich finde es leider nicht.
Vor dem Georgia Dome war dann ein riesiges Areal aufgebaut, auf dem eine Bühne aufgebaut war, erst mit Livemusik und dann mit DJ, es wurden von dort aus T-Shirts verschenkt und andere Werbeprodukte. Die richtigen Fanartikel wurden auch verkauft, es gab Stände, auf denen man sich in den Farben der Falcons die „Kriegsbemalung“ aufs Gesicht sprühen lassen konnte oder ein Zelt, in dem die Cheerleader der Falcons Autogramme gaben. Und jede Menge Stände mit Wettbewerben im Footballwerfen in unterschiedlichsten Herausforderungen.

Viele Menschen in Rosa.
Vor dem Gelände.

Die Live-Band, davor wurde es bald voller.

Auf dem Gelände.

Hier konnte man sich sein Gesicht besprühen lassen und man kann die Warteschlange leicht erkennen.

Die Warteschlange vor dem Autogrammzelt der Cheerleader erkennt man schon besser, sie aber auch viel länger.
Mal eine kleine Anmerkung zu den Cheerleader-Girls der NFL. Sie müssen nicht nur nett aussehen, von allen wird ein Collegeabschluss vorausgesetzt, sie sind an enge Vorgaben für ihre Sportlichkeit gebunden und sie haben sehr viele Auftritte im Jahr. Unter anderem waren auch schon Cheerleader-Squads bei den USA-Truppen im Irak und anderen Einsatzgebieten.
Allerdings werden sie für ihre Einsätze auch recht gut bezahlt.

Ein paar der Girls.

The Falcon is going to "Rise Up." Der Schlachtruf der Falcons.

Die Drumline im Einsatz.
Richtig laut wurde es dann, als die Drumline der Falcons, angeführt von Freddie Falcon, dem Maskottchen der Atlanta Falcons, auf den Platz einzogen. Deren Show ging dann dort auf der Bühne weiter und war dann auch das Zeichen zum Aufbruch, nun in den Dome einzuziehen.

Wer sich wundert, warum man so viel Rosa auf den Fotos sieht, rosa Schleifen an den Leuten sieht oder Sportler mit Schuhen in der Farbe, das passiert in den USA jedes Jahr im Oktober. Das ist der offizielle National Breast Cancer Awareness Month. Alles dreht sich um das Aufmerksam machen auf Brustkrebs und deren Vorsorge. Eine echt große Sache hier. Ich weiß auch von einem Golfturnier, bei dem die Spieler fast alle etwas in Rosa tragen und man sieht es auch in anderen Sportarten, Fernsehshows etc.

Nachdem ich dann die Sicherheitskontrollen passiert habe, war ich wieder im Georgia Dome. Ich brauchte zwei Anläufe, bei der ersten Kontrolle meinte man, ich dürfe meine Kamera nicht mit nehmen. Als ich das an einer anderen Stelle nachgefragt habe, wurde dort nur der Kopf geschüttelt, ich kontrolliert und drin war ich. 
Es war deutlich voller als gestern aber es gab insgesamt keine Barrieren. So etwas wie Fanlager gibt es nicht und die Menschen werden hier auch nicht in Blöcken getrennt, also nicht durch Zäune. Man kann sich in dem Ring um das Stadion frei bewegen. 
Es ist viel friedlicher und und fairer im Umgang miteinander, als bei uns im Fussballstadion.
Man merkt das sehr gut, wenn sich ein Spieler verletzt und gar vom Feld muss. Beim Fussball feiert man dass, wenn es ein Gegenspieler ist. Naja, ok, die Deppen tun das, aber von denen gibt es genug.  Hier steht das ganze Stadion auf und wünscht alles Gute mit Applaus. Egal zu welchem Team der Spieler gehört.

Allgemein muss ich sagen, wurden meine Erwartungen eines NFL-Spieles live, vor Ort, zu erleben, mehr als erfüllt. Es gibt keine Choreographie und keine Fangesänge, aber in den Unterbrechungen gibt es immer irgendwelche Shows oder Interaktionen mit dem Publikum und ich habe noch nie ein so lautes Stadion beim Fußball erlebt, wie es das hier war, wenn die gegnerische Mannschaft in Ballbesitz war. Man ist dann am Lautesten, damit die Spieler der anderen Mannschaft nicht miteinander kommunizieren können und sie so zu Fehlern bringt. Selbst Stunden nach dem Spiel, klingelt es mir noch so in den Ohren, wie sonst nur nach einem Discobesuch.
Ein wirklich großartiges Erlebnis, auch als Fremder wurde ich in alles um mich herum mit einbezogen und im Spiel gab es insgesamt viele Punkte und Spannung bis zum Schluss. Eine Sekunde vor Ende der Spielzeit verpassten die Falcons dann um wenige Zentimeter den Sieg, was zu eine Verlängerung führte, die die Chargers dann für sich entscheiden konnte. Der einzige, kleine Makel eines sonst fantastischen Erlebnisses. Ich konnte nicht erleben, wie das Stadion feiert, wenn das Heimteam gewinnt.
Aber ich kann jedem nur raten, so etwas selber zu erleben. Man muss nicht viel von einem Sport verstehen, um die Atmosphäre einer Sportveranstaltung zu genießen und ich, der ich mich für diesen Sport sehr interessiere, muss sagen, ich will das wieder erleben. Noch oft.

So sehen die Mülleimer nicht nur im Stadion aus, diese Colaflaschen findet man überall in der Stadt.

Ausreichend Popcorn.

Freddie Falcon fährt herum.

Die Girls tanzen.

Und die Spieler kommen.

Während der Nationalhymne wieder die rosa Schleife. Unten links, der Protest Farbiger gegen Polizeigewalt. Die erhobene Faust.

Das Spiel beginnt.

Touchdown, Falcons.
Bevor es dann ins Motel zurück ging, wurde noch etwas das Nachtleben genossen. Ok, so spät war es noch nicht, aber halt dunkel. Daher hier noch mal ein paar letzte Bilder aus der Stadt von heute.




Morgen früh geht es wieder auf die Straße und zurück in die Natur.  So langsam rufen die Rippchen in Knoxville, die mir nahe gelegt wurden. 
Das Wetter wird langsam kühler, heute Nacht waren es hier nur 8°C und in den Bergen, wo ich hin will, sogar nur 1°C. Tagsüber hatte ich dann aber wieder 20°C und die nächsten Tage ist wieder etwas wärmeres Wetter versprochen. Heute hatte ich zumindest leider schon mal viel zu sehr nötig, eine leichte Jacke anzuziehen.
Der Winter darf gerne noch zwei Wochen warten. Vor allem, da es immer weiter Richtung Norden geht. 

Da fällt mir doch noch etwas ein, was ich gestern schon schreiben wollte und heute so wiederholen kann. Gestern hatte ich ja schon gesagt, dass ich zu viel Cola bekam, aber dann nur erklärt, warum in der Coca-Cola World. Es gab aber noch einen Grund und den hatte ich heute wieder. 
Ein Becher Cola, und auch da war nirgends eine Pepsi zu finden, kostetet, wie immer bei solchen Veranstaltungen, einen überteuerten Preis. Hier 5 Dollar. Es gab aber, an beiden Tagen, die Möglichkeit, einen Souvenirbecher zu kaufen, den man danach behalten konnte. Dieser kostete 7 Dollar. Allerdings nannte dieser sich „bottomless“, bodenlos, was so viel bedeutete wie, man konnte ihn sich kostenlos, so oft man wollte, wieder auffüllen lassen. 
Selbst für mich war das fast zu viel Cola. Aber irgendwie mussten die Eintrittspreise ja wieder reingeholt werden. Gut das ich von dem Zeug so gut schlafen kann.