Sonntag, 30. Oktober 2016

Tag 27 Washington D.C. - Philadelphia

Heute ist nicht so viel passiert, aber das gibt mir die Chance zu erklären, was die USA für mich, während der Reise, immer wieder sehr interessant macht.
Vielleicht ist die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika keine alte, sie blickt nicht auf viele Jahre zurück, wie es vielleicht in Aachen der Dom tut und ist sicher nicht zu vergleichen mit Ausgrabungen in Italien oder Griechenland. Dafür ist aber in wenigen Jahren hier sehr viel passiert und das was passiert ist, ist viel greifbarer. Alles ist aufgezeichnet oder aufbewahrt und nicht Katastrophen oder Kriegen zum Opfer gefallen. 
Gerade heute wurde mir das sehr bewusst gemacht, mit einem Kapitel, auf das die USA in meinen Augen wirklich stolz sein kann. Man kann sicherlich, aus heutiger Sicht, geteilter Meinung sein, auch ich finde den Patriotismus und manches Verhalten außenpolitisch nicht richtig. Aber die Gründerväter dieses Landes hatten vielleicht auch andere Ideen für die Zukunft.

Als ich die letzten Tage meiner Reise geplant habe, kam mir die Idee, wenn ich schon so viel in den USA gesehen habe, warum dann nicht auch den Ort, an dem alles angefangen hat. Philadelphia. Diese Stadt liegt auf dem Weg zwischen Washington D.C. und New York City. So habe ich mich am Morgen auf den Weg gemacht, vorbei am Pentagon, an der Innenstadt vorbei, am NCIS und an der NSA vorbei in Richtung Norden.
Da ich ja heute viel Zeit hatte, habe ich beschlossen, Mautstraßen, die es Richtung New York City zahlreich gibt, zu meiden. So führte mich der Weg mitten durch Baltimore und dann in einem Bogen zur Route 1. Insgesamt kostete mich die Vermeidung der Mautstraßen ca 40 Minuten und ein paar Kilometer mehr, aber bei Mautgebühren von ca 20 Dollar, hätte das eine Tankfüllung ausgemacht. Um die Mittagszeit war ich dann in Philadelphia.
Auf dem Weg dorthin merkte man schon, dass sich die Geschichte hier eine andere ist. Nachdem ich schon wichtige Orte aus der Zeit des Sezessionskrieges besucht und auch viele der Schlachtfelder dieses Krieges passiert habe, waren es hier Schlachtfelder aus dem Unabhängigkeitskrieg, wie das Schlachtfeld von Brandywine oder Valley Forge, wo George Washington mit seinen Truppen überwinterte, wobei viele seiner Truppen erfroren.

Washington D.C. war nicht von Anfang an die Hauptstadt der USA. Erst war es New York City und dann für 10 Jahre Philadelphia, damals die größte Stadt in den USA. Die USA gab es ja auch noch nicht, die wurden ja erst gegründet. So kam es übrigens zum Namen D.C. District of Columbia. Columbia nannte man poetisch das Land, das von Kolumbus entdeckt wurde. Als man beschloss, eine Hauptstadt für den neuen Staatenbund zu bauen, sollte diese zu keinem der Staaten gehören. So trennte man ein Stück Land zwischen Maryland und Virginia heraus und nannte es District of Columbia. Das erste Gebäude, das in dieser Stadt gebaut wurde, war übrigens das Weiße Haus.

Wenn man die Geschichte der Gründung der USA greifbar spüren mag, dann sollte man nach Philadelphia fahren. Die Stadt machte auf mich, um das Zentrum herum, einen sehr dreckigen und langweiligen Eindruck, aber die Gegend um die Independence Hall ist sehr hübsch aufgearbeitet und an allen Ecken findet man Hinweise auf die Gründerväter und die Gründung selber.

So führte mich der erste Gang ins Visitor Center, wo ich ein kostenloses Ticket für eine Führung durch die independence Hall bekam. Der Termin war 15:20 und es war grade kurz nach 13:00.
Um die Zeit bis dahin zu verbringen, ging mein erster Weg zur Liberty Bell, der Glocke, die zur Zeit der Unabhängigkeitserklärung 1776 geschlagen haben soll. Ich sage soll, da sich um diese Glocke sehr viele sagen ranken, aber man hier auch erfahren kann, dass niemand jemals bestätigt hat, das oder welche Glocken zur Verlesung der Erklärung geschlagen haben. 
Auch wann der Riss in der Glocke entstanden ist und warum, darüber kann man vieles lesen, aber hier wurde gesagt, auch das ist nicht ganz sicher.
Sicher ist, diese Glocke steht für die Freiheit der Vereinigten Staaten und soll ein Symbol für Freiheit in der ganzen Welt sein und aus diesem Grund steht sie in einem extra Gebäude, für jeden zu besuchen.

Die Liberty Bell, mit ihrem Riss.
Natürlich war mit dem Anschauen einer Glocke, selbst mit der angeschlossenen Ausstellung, noch nicht annähernd genug Zeit verbracht, um in die Independence Hall zu kommen, daher schaute ich mir dann die Umgebung an. Hier sind viele Gebäude und auch noch kleine Straßen und Gassen so erhalten, wie sie zur Zeit der Unabhängigkeit waren und es gibt überall Erklärungen, wer wo gelebt hat oder was wo gemacht wurde. Es hat mich sehr neugierig gemacht, diese Stadt einmal vorbereitet zu besuchen. Immer mehr reizt mich eine Reise an der Ostküste entlang mehr, als die typische Westküsten-Tour.

Die Umgebung der Independence Hall.






Immer noch etwas zu früh, ging es dann zur Independence Hall. Ich musste ja eh noch die obligatorische Sicherheitskontrolle passieren und der Park dahinter sah mit seinen Bänken auch gemütlich aus, um dort zu warten.

Die Liberty Hall, von der einen...

... und von der anderen Seite.
Der Ranger, der die Führung hier machte, gestaltete diese sehr interessant und lebendig. Mit vielen Hilfsmitteln und Enthusiasmus machte er nicht nur die Geschichte interessant, man hatte auch wirklich das Gefühl, er machte hier nicht nur eine alltägliche Führung, sondern er erzählte etwas, das ihm wichtig ist. Natürlich alles mit genug Anteil an Patriotismus, der hier aber nicht arrogant herüber kam. Es nannte es auch die Familienzusammenführung der Familie aller Amerikaner, zu der auch Freunde von außerhalb eingeladen sind.

Er erzählte Geschichten von George Washington, John Adams, Benjamin Franklin und anderen, die ihren Anteil an der Gründung hatten, zeigte die Orte wo hier etwas statt fand und erklärte, was in dem Gebäude eine Rolle spielte.

Ich möchte nicht mit allen Geschichten langweilen, aber drei Dinge die ich heute gelernt habe, möchte ich doch mit meinen Lesern teilen.

Der Raum in dem Geschichte geschrieben wurde. Und Al, der Ranger.
Jeder hat sicher schon einmal ein Bild der Versammlung gesehen, entweder mit der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung oder der der Verfassung.
Wenn man diese unterscheiden will, gibt es einen praktischen Trick. Wenn George Washington auf dem Bild ist, dann handelt es sich um die Verfassung, denn bei der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung befand er sich im Krieg.

An den Tischen saßen die Vertreter der unterschiedlichen Staaten, schon früher waren es mehrere für einen Staat. Der Stuhl hinten in der Mitte war der Platz des Präsidenten der Versammlung. Hierzu hatte man schon den späteren ersten Präsidenten George Washington gewählt.
Der Stuhl ist wohl tatsächlich der echte Stuhl, auf dem George Washington gesessen hat. Er hat im Bogen oben an der Armlehne das Bild einer halben Sonne. Auch dazu gibt es eine kleine Geschichte.
Über diese Sonne hatte Benjamin Franklin wohl einmal gesagt: "I have often looked at that behind the president without being able to tell whether it was rising or setting."I have often looked at that behind the president without being able to tell whether it was rising or setting. But now I... know that it is a rising...sun." (Ich habe oft auf die ´Sonne´ hinter dem Präsidenten gesehen ohne sagen zu können ob sie auf- oder untergeht. Aber jetzt weiß ich, dass es eine aufgehende Sonne ist.) 
Dazu sollte man sich vor Augen halten, dass die Verfasser der Unabhängigkeitserklärung nicht einfach ein paar Männer waren, die zusammen kamen und einfach etwas aushandelten. Wenn damals die Briten den Krieg gewonnen hätten, hätte wahrscheinlich jedem Einzelnen von ihnen die Todesstrafe gedroht.

Am Schönsten fand ich aber die Anekdote über die Abstimmung zur Unabhängigkeitserklärung selber. Diese fand nicht am Independence Day, dem 4. Juli, statt, sondern schon am 2. Juli. Der 4. Juli war der Tag der Ratifizierung.
Aber von vorne. damals gab es 13 Staaten, die alle ihre Delegierten in diesem Raum hatten. Am 1. Juli, zum Tag der ersten Abstimmung. Die Delegierten stimmten mit 9 zu 4 Stimmen für die Unabhängigkeit. Das hätte zwar gereicht, aber man wollte mehr Einigkeit gegen die britische Krone zeigen.
Also vertagte man die Abstimmung auf den 2. Juli, in der Hoffnung, über Nacht die mit Nein stimmenden Abgeordneten umzustimmen.
Darunter waren die Abgeordneten von Delaware, Allerdings mit nur zwei Personen vertreten, der Dritte, Caesar Rodney, war krank zu Hause in Delaware. 
Nun gab es das Problem, das einer der Anwesenden aus diesem Staat mit Ja gestimmt hat, der andere mit nein. Daher sandte man einen Boten aus, um Caesar Rodney zu bitten, nach Philadelphia zu reiten und das Unentschieden zu Gunsten eines Ja zu brechen, denn man wusste, er würde mit ja stimmen.
Es war eine 70 Meilen Distanz. Das Botensystem überbrückte diese Strecke schnell, aber für einen Mann über diese Distanz zu reisen, brauchte man damals mindestens einen ganzen Tag. Er hatte nur eine Nacht und dazu noch eine mit einem Gewitter. Und doch schaffte er es. Zwar war er nicht für den Kongress angezogen, er hatte noch Reitkleidung und Sporen an, aber pünktlich zur Abstimmung stand er im Raum.
Ihm zu Ehren hat der Staat Delaware, jeder Staat bestimmte die Rückseiten ihrer Münzen wohl selber, Caesar Rodney, reitend auf seinem Pferd, abgebildet.
Er zeigte eine solche Münze und schenkte sie einem Mädchen unter der Gruppe und meinte damals, jetzt frei übersetzt: "Ich bitte jeden im Raum, eine solche Münze zu finden und sie aufzubewahren. Im Moment ist es wieder sehr aktuell, aber wann immer man sich zu müde, zu krank oder zu faul fühlt, wenn das Wetter zu schlecht ist oder welche Ausrede man auch immer hat, um nicht zu einer Wahl zu gehen, dann soll man daran denken, was dieser Mann auf sich genommen hat, um seine eine Stimme abzugehen. Und welche Konsequenzen es hätte gehabt haben können, hätte er es nicht gemacht. 
Mir persönlich hat diese Geschichte sehr gefallen und wer bei sich zu Hause eine solche Münze findet, der darf sie mir gerne geben. Ich habe leider keine in meiner Tasche und habe leider nur noch drei Tage, um eine zu finden.

Ich habe nach dem Besuch dort das Zentrum von Philadelphia verlassen, aber ich will mehr über diese Zeit der Geschichte erfahren und gerne noch mal wiederkommen.

Für mich führte der Weg aber an den Nordrand von Philadelphia, an die Grenze nach New Jersey, wo ich mein Hotel gebucht habe. Drückt mir die Daumen, dass auch die letzte Autofahrt gut verläuft, denn sie führt mich ins Zentrum von Manhattan. Dann wird das Auto abgegeben und das letzte Hotel meiner Reise bezogen.

Ach ja, ich bin nur noch 5 Stunden hinter Euch zurück. Hier wird erst nächstes Wochenende auf Winterzeit umgestellt. Jetzt sind es nur noch 5 Stunden Jetlag, die zu überbrücken sind. Denn morgen in einer Woche darf ich schon wieder zur Arbeit gehen.











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